"Singen – Orgel 4.0": Ein vielschichtiges Projekt

Das Projekt hat viele Aspekte und Perspektiven, es ist komplex und umfänglich. Das in Kürze zu beschreiben ist kaum möglich. Um einen Überblick über "Singen ­– Orgel 4.0" zu bekommen finden Sie zunächst die fünf Kurzartikel, von denen auf die ausführlichen Ausführungen verlinkt wird.

Warum das Projekt "Singen ­– Orgel 4.0"?

Singen ist das ureigene Instrument des Menschen und spielt in vielen Kulturen und in fast allen Religionen eine zentrale Rolle. Martin Luther erkannte, dass er mit Liedern das Evangelium einerseits durch das Singen in die Herzen (und Köpfe) der Menschen brachte und dadurch aber auch der Gemeinde einen Teil der Verkündigung übertragen konnte (im Sinne des allg. Priestertums aller Gläubigen). Dies ist vielen heute nicht mehr bewußt. Das Singen hatte in der zweiten Hälfte des vergangen  Jahrhunderts einen schweren Stand, auch das Singen in den Gemeinden litt darunter. Erst seit einigen Jahren erkannte die Gesellschaft, die Schule und die Wissenschaft den Stellenwert wieder – was nun durch Corona einen herben Rückschlag erlebte. Das Projekt soll aufzeigen, welche Möglichkeiten es durch Digitalsierung gibt, das Singen durch Unterstützung einer Pfeifenorgel und Digitalisierung bestmöglich zu fördern und zu unterstützen.

Geschichte von "Singen ­– Orgel 4.0"

2012 waren die Weigle-Orgeln restauriert und mit Setzer und Midi ausgestattet worden. 2018 wurde der Projektantrag an die Landeskirche gestellt und bewilligt, 2019 der von LEADER und 2020 der von der EKD. Mit diesen Mitteln wurde die Hard- und Software aktualisiert und ergänzt, um aufzuzeigen, was an digitalen Möglichkeiten bislang schon auf dem Markt ist und was man daraus entwickeln kann. 2021 im September wird das auf der 1. Nagolder Orgelakademie vorgestellt und diskutiert.

Ziele von "Singen – ­Orgel 4.0"

Der Gemeindegesang ist (insbesondere im evangelischen Verständnis) Teil der Verkündigung im Gottesdienst – und hat vielerorts inzwischen ein Problem: es wird nicht mehr gesungen wie früher, die neuen Lieder werden komplexer, die Begleitung ist dadurch schwieriger und mancherorts nur noch teilweise zu organisieren. Es soll aufgezeigt werden, wo und wie Digitalisierung im Orgelbau und in der Programmierung von Anwendungen (zukünftig auch mittels KI) helfen kann, das Singen der Gemeinden bestmöglich zu unterstützen und zu fördern – und zwar mit Pfeifenorgeln, die dafür konzipiert, bestgeeignet und nahezu in allen Kirchen vorhanden sind. Hier können Sie ein Beispiel (noch ohne KI) anhören, wie per Midibridge die Melodie per Software ergänzt wird.

In Folge des Projekts wurde Peter Ammer von den beiden Pfarrern Simon Hillebrecht und Aike Schäfer aus Herford in einem Podcast befragt über "Digitale Orgeln und die Kirchenmusik von morgen" - hier der Link zum Podcast.

Side-Aspects von "Singen ­– Orgel 4.0"

1.) Das Projekt möchte neue Entwicklungen mitgestalten und nicht abwartend auf ein Produkt harren, auf das man keinen Einfluss mehr nehmen kann. 2.) Dem Dialog zwischen den drei Disziplinen Kirchenmusik, Orgelbau und Theologie (deren Schnittmenge der Gemeindegesang ist) soll ein Forum des Austauschs und der gemeinsamen Zukunftsstrategie für die Orgel geschaffen werden. 3.) Durch mehr und neue Einsatzmöglichkeiten finden sich auch mehr Begeisterte, die das Instrument erlernen wollen, so kann man (wenigstens teilweise) dem Organistenmangel entgegenwirken. 4.) Dann studieren auch wieder mehr Menschen Kirchenmusik, dass die hohen Verrentungszahlen der nächsten Jahre kompensiert werden können und auch wieder mehr OrgellehrerInnen zum Unterrichten da sind. 5.) Wenn Orgeln durch Digitalisierung besser, attraktiver und öfters spielen, wächst die Einsicht der Verantwortlichen, das Instrument (und aufs Ganze gesehen das Weltkulturerbe Orgel) mittel- und langfristig zu erhalten. 6.) Damit hat auch der Orgelbau insgesamt eine Perspektive.

Partner des Projekts "Singen – ­Orgel 4.0"

Digitalisierungs-Kommission des Innovationsfonds der Ev. Landeskirche in Württemberg, CEMFI Detmold, Fa. Aug. Laukhuff, Pipeloops, Sakralorgelwelt, BDO,  Oscar-Walcker-Schule Ludwigsburg, Berater diverser Musikhochschulen, Orgelsachverständige

Finanzierung des Projekts "Singen ­– Orgel 4.0"

Evangelische Landeskirche in Württemberg, LEADER (Liaison entre actions de développement de l'économie rurale, „Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft“), Evangelische Kirche in Deutschland, Förderkreis Nagolder Kirchenmusik, Leibinger Stiftung, Einzelpersonen.

"Singen - Orgel 4.0" – Warum dieses Projekt?

Das Singen in unseren Gemeinden bedarf der bestmöglichen Unterstützung. Dafür ist die Pfeifenorgel das geeignetste Instrument – schon deshalb, weil es in einem Großteil der Kirchen vorhanden ist. Der Demographie wegen und weil viele Neuorganisten heutzutage nicht mehr jeden Sonntag spielen können/möchten ist die Versorgung mit Organisten trotz relativ konstanter  Orgelschülerzahlen schwierig, mancherorts unmöglich. In anderen Landstrichen (z.B. in Ostdeutschland) oder Ländern ist das schon seit Jahrzehnten so; dort behilft man sich mit (ebenfalls immer weniger werdenden) Klavierspielern oder CDs. Oder mittels Organola® – einer mechanischen Apparatur, mit welcher die Pfeifenorgel digital „bespielt“ wird. Mancherorts werden schon Gottesdienste ohne Musiker gefeiert – singend, und weiterhin mit Pfeifenorgelbegleitung.

Anliegen des Projektes „Singen – Orgel 4.0“ ist es, alle technischen Möglichkeiten, die heutzutage in Form von Apparaturen oder Hard- und Software bereits vorhanden sind, an der Stadtkirche Nagoldl beispielhaft zu integrieren und zu realisieren. Für diese Installationen soll dann (wenn genügend Geld verfügbar ist) Software entwickelt werden, die z.B. Gesang so erkennt, dass der passende Satz dazu gespielt, dass Begleitsätze automatisch generiert werden in unterschiedlichen Stilen, dass das Singen nicht stur nach dem Metronom begleitet wird, sondern die Schwankungen des Gemeindegesangs erkennt und berücksichtigt u.v.m. Hier ist im Bereich des ‚deep learning’ der Künstlichen Intelligenz (KI) derzeit viel in der Pipeline; als Kooperationspartner konnte dafür das cemfi (Center of Music and Film Informatics) der Musikhochschule Detmold gewonnen werden.

Die Orgel, seit wenigen Jahren Weltkulturerbe, ist in vielen Ländern schon aus der Kirche geräumt, weil sie seit vielen Jahren nicht mehr gespielt, gewartet und erhalten worden war. Um den Orgelklang und das Orgelspiel zu erhalten müssen Anstrengungen unternommen werden, die – schon derDemographie wegen – nicht allein durch verstärkte Werbemaßnahmen für Orgelanfänger abgefangen werden können.

Wenn man einen Kirchenraum betritt und ein Choral erklingt hat man ein völlig anderes synästhetisches Raumerleben, bei welchem es dem Hörer nicht primär darauf ankommt, ob dies von Menschenhand live gespielt wird – das könnte auch ein ‚virtueller Organist’. Man kann (sich re-investierende) Jukeboxes installieren, wo die Pfeifenorgel auf Midi eingespielte Orgelliteraturstücke, Improvisationen oder fünf Choräle (z.B. ‚Osterchoräle', ‚Geistliche Volkslieder’, ‚Klassiker’, Lieder aus dem „Wo wir dich loben plus“, ‚Lieder für Trauernde’) vorspielt – jedem zu der Zeit, wenn sie/er sich zum Gebet oder einfach zur Recreation in den Kirchenraum setzt; oder im Konfirmandenunterricht, bei der Kirchenführung usw. Im Orgelunterricht können Stimmen ein- und ausgeblendet werden, dass der Orgelschüler selektiv Einzelstimmen üben kann. Und es gibt sicherlich noch viele weitere Ideen und Einsatzmöglichkeiten.

Daher trafen sich im November 2018 die Projektbeteiligten (Orgelbauer, Orgelsachverständige, Hochschulen, Kirchengemeindevertreter, Kirchenmusiker) erstmals zu einem runden Tisch, um Überlegungen, Ideen, Fördermöglichkeiten etc. zusammenzutragen und zu priorisieren, was letztlich umsetzbar und möglich ist.

Ziel des Projektes ist, die vielen Möglichkeiten, die heute technisch realisierbar sind, zu bündeln und weiterzuentwickeln. In der "Nagolder Orgelakademie" mit Theologen, Ethikern, Philosophen, Gemeindegliedern, Kirchenmusikern u.a., wurde erörtert was es für Kirche und Gemeinde bedeutet, wenn Maschinen im Gottesdienst spielen, Menschen ersetzbar werden, und abgewogen werden muss, ob der Einsatz digitaler Möglichkeiten gerechtfertigt ist oder das Singen und der Orgelklang irgendwann ganz verstummen, auch weil sich niemand mehr traut oder in der Lage ist, ein Lied anzustimmen.

Jungen Orgelbauern und Kirchenmusikstudierenden wurden Visionen für ihr zukünftiges Berufsfeld aufgezeigt. Der Blick des Orgelbauers soll vom rein Technischen und Künstlerischen (auch) auf die Perspektive gelenkt werden, wie die Orgel hinsichtlich des Singens (95% ihres Einsatzes) optimierbar ist. Digitalisierung soll helfen, das Singen und die Zukunft der Orgel zu sichern und zu befördern. Dies alles wurde vorgestellt und diskutiert in der 1. Nagolder Orgelakademie, die vom 24.-26. September 2021 stattfindet.

Im Oktober 2019 wurde begonnen, die digitale Technik zu aktualisieren, so kann jetzt z.B. von der Orgelklaviatur aus über einen Expander Klavierklang (oder andere Sounds, auch vom Laptop) direkt über die Lautsprecheranlage der Kirche gespielt werden mit Anschlagsdynamik – separat oder als Ergänzung des Orgelklangs!

Die Orgel wurde hochprofessionell gesamplet, das Sampleset für Hauptwerk® kann bei pipeloops.com hier angesehen und eine Testversion runtergeladen werden. Und hier können Sie Hörbeispiele des Samplesets bei contrebombarde.de hören. Mit Hauptwerk® ist es nun auch möglich im selben Kirchenraum vom selben Spieltisch aus Original und Sample (über die sehr gute Anlage der Kirche) zu vergleichen.

Dies war der Auftakt für viele praktische Erweiterungen, die nun auf Midi basierend entwickelt werden. Der digitale Spieltisch wurde im November 2020 geliefert, so dass man von jedem Ort in der Kirche musizieren und demonstrieren kann, was Digitalität für das Singen und Orgelspiel bringen kann.

Presse und Internet zu "Singen – Orgel 4.0"

Das Projekt "Singen – Orgel 4.0" wurde u.a. in diesen Presseveröffentlichungen und im Internet dargestellt:

Janbuar 2022: Concerti: https://www.concerti.de/interviews/blickwinkel-peter-ammer/

Dezember 2021: Demonstration der "MidiBridge": https://www.youtube.com/watch?v=T9M7nMKRCH8&t=59s

November 2021: Podcast Lebenszeichen: https://ein-lebenszeichen.podigee.io/42-ammer

November 2021: Württembergische Blätter für Kirchenmusik: https://www.nagold-evangelisch.de/fileadmin/mediapool/gemeinden/KG_nagold/Bilder/Kirchenmusik/Orgelakademie_aus_WBL_2021_06.pdf

Oktober 2021: Pressestelle der Ev. Landeskirche in Württemberg: https://www.elk-wue.de/news/2021/12102021-die-digitale-zukunft-der-orgelmusik

September 2021: Schwarzwälder Bote: https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.nagolder-orgelakademie-reges-interesse-an-der-orgel-40.25a7183d-72cc-42a8-bdd7-ca205d1bba42.html

September 2021: EPD: https://www.evangelisch.de/inhalte/191041/26-09-2021/kirchenmusiker-ammer-ruestet-pfeifenorgel-technisch-auf-wenn-eine-maschine-die-orgel-spielt

September 2021: Domradio: https://www.domradio.de/artikel/kirchenmusiker-ruestet-pfeifenorgel-technisch-auf

August 2021: LEADER Heckengäu: https://www.leader-heckengaeu.de/foerderung/leader-projekte/141-singen-orgel

Januar 2021: EKD: https://www.ekd.de/experimente-zwischen-touchscreen-und-orgelpfeifen-62682.htm

Das Sample der Weigle-Orgel ist beschrieben auf: https://www.contrebombarde.com/concerthall/organs/view_organ/355

September 2019: EKD: https://www.ekd.de/orgel-4-0-digitalisierung-kirchenmusik-49398.htm

September 2019: EPD: https://www.evangelisch.de/inhalte/159907/05-09-2019/kirchenmusiker-will-mit-digitaler-hilfe-die-pfeifenorgel-retten

September 2019: Digital-bw:  https://www.digital-bw.de/-/orgel-4-0

März 2019: Schwarzwälter Bote: https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.nagold-hier-spielt-die-zukunftsmusik.5bf32469-8d32-4992-a387-09323f590334.html

Partner des Projekts

Singen - Orgel 4.0 ist ein Vernetzungsprojekt von Disziplinen, die sich noch selten gemeinsam Gedanken über das Singen der Gemeinde und/oder die Chancen und Befürchtungen des Einsatzes digitaler Elemente gemacht haben.

Dem Projektbeirat gehören an:

Dekan Ralf Albrecht, KMD Eva-Magdalena und KMD Peter Ammer, Pfarrer Andreas Esslinger (Gemeinden Wart und Ebershardt) nebst seinem Organisten Matthias Hinderer, Kirchenpflegerin Eva Ruoß, LKMD Matthias Hanke, Orgelsachverständiger Volker Lutz ✝, für das Zentrum für Musik- und Filminformatik (CEMFI) der Musikhochschule Detmold Prof. Aristotelis Hadjakos und Dr.-Ing. Axel Berndt, die Firma Aug. Laukhuff, Jürgen Scriba, Magnus Windelen, Prof. Jens Wollenschläger für die HKM Tübingen sowie die sonst für die Orgel zuständigen Orgelbauer Tilman Trefz und Michael Mauch.

Es fanden bislang Gespräche und Austausch statt mit:

Dekan Ralf Albrecht äußerte sich zur digitalen und medialen Zukunft unserer Kirchen - lesen Sie hier.

Finanzierung

Das Projekt, angesiedelt bei der Kirchengemeinde Nagold, wird finanziell unterstützt von der Digitalisierungs-Kommission der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland beteiligt sich mit Mitteln aus dem "Kirche und Digitalisierung".

Außerdem wurde Singen - Orgel 4.0 vom Vorstand des LEADER Heckengäu für eine Förderung ausgewählt. Der positive Beschluss des Auswahlgremiums vom 27. Februar 2019 ist sechs Monate lang gültig und Voraussetzung für einen formellen Förderantrag bei der Bewilligungsstelle im Regierungspräsidium, welcher nach Einholung der notwendigen Angebote demnächst gestellt wird. Es handelt sich hierbei um reine EU-Mittel.

LEADER heißt übrigens "Liaison entre actions de développement de l'économie rurale", d.h. auf deutsch: „Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft". Es ist ein Maßnahmenprogramm der Europäischen Union, mit dem seit 1991 modellhaft innovative Aktionen im ländlichen Raum gefördert werden.

Eine großzügige Spende erhielten wir auch von der Berthold Leibinger Stiftung.

Weitere Mittel wurden vom Förderkreis Nagolder Kirchenmusik zur Verfügung gestellt.

LEADER-Förderung

EU-Kommission / Landwirtschaft und ländliche EntwicklungEuropäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums; Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete

Weitere Informationen erhalten Sie bei

Barbara Smith, Geschäftsführerin
LEADER Heckengäu e.V.
Parkstraße 16
71034 Böblingen
Tel.  07031/663-2141
Fax: 07031/663-9-2141
smithdontospamme@gowaway.leader-heckengaeu.de

und bei dem Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg.