01.05.11

Zum 1. Mai - Tag der Arbeit; Tag des Monats, der alles neu macht; vor allem Tag des Sonntags nach Ostern - Auferstehungstag!

Im Gottesdienst in der Stadtkirche zum 1. Mai spielten deshalb die Lieder zu Mai (Wie lieblich ... / Grüß Gott, Du schöner ...) und "Maien" (Festzweige des blühenden Lebens) eine besondere Rolle. Und als Predigt unsere Geschichte von (vergeblicher) Arbeit, Neuanfang und Auferstehung - Johannes 21,1-14 - so ...

Gottes Wort zum Neuanfang, am 1. Mai, im heutigen Gottesdienst, von Ostern her - diese Geschichte, wie der auferstandene Jesus Petrus, seinen Jüngern und uns begegnet, Johannes 21,1-14:

 Danach offenbarte sich Jesus abermals den Jüngern am See Tiberias. Er offenbarte sich aber so:

 2 Es waren beieinander Simon Petrus und Thomas, der Zwilling genannt wird, und Nathanael aus Kana in Galiläa und die Söhne des Zebedäus und zwei andere seiner Jünger.

 3 Spricht Simon Petrus zu ihnen: Ich will fischen gehen. Sie sprechen zu ihm: So wollen wir mit dir gehen. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts.

4 Als es aber schon Morgen war, stand Jesus am Ufer, aber die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.

5 Spricht Jesus zu ihnen: Kinder, habt ihr nichts zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.

6 Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten's nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische.

7 Da spricht der Jünger, den Jesus lieb hatte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr war, gürtete er sich das Obergewand um, denn er war nackt, und warf sich ins Wasser.

8 Die andern Jünger aber kamen mit dem Boot, denn sie waren nicht fern vom Land, nur etwa zweihundert Ellen, und zogen das Netz mit den Fischen.

9 Als sie nun ans Land stiegen, sahen sie ein Kohlenfeuer und Fische darauf und Brot.

10 Spricht Jesus zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt!

11 Simon Petrus stieg hinein und zog das Netz an Land, voll großer Fische, hundertdreiundfünfzig. Und obwohl es so viele waren, zerriss doch das Netz nicht.

12 Spricht Jesus zu ihnen: Kommt und haltet das Mahl! Niemand aber unter den Jüngern wagte, ihn zu fragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war.

13 Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt's ihnen, desgleichen auch die Fische.

14 Das ist nun das dritte Mal, dass Jesus den Jüngern offenbart wurde, nachdem er von den Toten auferstanden war.

 

 

Was ändert sich durch diese Geschichte! Da ist eine Nacht, und ein leerer Platz am Ufer.

Und dann bricht der Morgen an, und da steht ein gedeckter Tisch. Und die Sonne geht auf.

Wer hat da Platz an diesem Tisch, dort bei Brot und Fisch …?

 

1. Jesus

 

Dieser Tisch ist ja schon gerichtet, an dem später gleich Petrus, die Jünger, auch wir fürs Leben Platz nehmen können. Alles ist schon vorbereitet.

Das hat der auferstandene Jesus gemacht.

Was zeichnet diesen Jesus so besonders aus?

Zum einen kennt er die Nacht. Er weiß um alles Vergebliche. Er kennt unsere Rückfälle ins Normale, Natürliche und zugleich den alten Trott. Er weiß um unser Versagen und Scheitern. Er weiß, wann und wo wir mit leeren Händen dastehen.

Überlegen wir doch einen Augenblick, an welcher Stelle unseres Lebens wir den Eindruck haben, dass wir in so einer Schicksals-Zeit-Schleife drinstecken … - vielleicht im Blick auf eine Lieblingssünde, die sich immer wieder bei uns einschleicht. Vielleicht im Blick auf eine Konstellation am Arbeitsplatz, die wir einfach nicht überwinden zu können scheinen. Vielleicht im Blick auf ein Drama, das sich wiederholt und wiederholt und wiederholt – und es gibt scheinbar keine Abfahrt aus diesem Teufelskreis.

Und genau das sieht Jesus.

Noch mehr: Jesus steht dann am Ufer. Er ist der neue Morgen, der da kommt und heraufzieht. Er, der zunächst ganz unerkannt fragen mag: Kind, wie sieht es aus? Hast Du nichts? Und dem ich es einfach sagen kann: nein! Das ist doch das Entscheidende. Das nach jeder Nacht Jesus am Ufer des Morgens da steht. Dass nach jeder Nacht mit Jesus ein neuer Tag anbricht. Dass er nämlich sagen kann: werft das Netz auf  der anderen Seite aus. Und dass sich dann alles ändert.

Noch mehr: selbst mit all dem, was die Jünger dann fangen, das brauchen sie gar nicht, sind sie noch Jesu Gäste am Tisch. Brot und Fisch, eine Portion, ist schon da. Alles ist schon hingerichtet. Sie können einfach nur noch hinkommen. Und essen.

Das ist Jesus. So ist er auferstanden. Dass er durch das Kreuz und die Auferstehung wirklich alles geschaffen hat, was wir zum Leben und Sterben brauchen. Da sitzt er uns gegenüber – der Gastgeber schlechthin. Und lädt ein.

 

2. Seine Jünger

 

Petrus sitzt da, und noch andere: Nathanael, Thomas und die Donnersöhne: wie sein Bruder Jakobus so Johannes, einer der Zebedaiden, sie alle werden genannt. Für sie alle ist hier am Tisch Platz.

Für Petrus, der 1000 deja-vus gehabt hat und hat. Mich, der schon einmal einen Fischzug getan hat. Mich, der Jesus dreimal verleugnet hat. Mich, den Wortführer, auch bei der Rückkehr vom Menschenfischer zum Fischerfischer, mich lädt Jesus ein.

Oder Nathanael. Den Jesus schon im 1. Kapitel vom Feigenbaum weggeholt und überzeugt hat. Jetzt fängt er 153 Fische. Jetzt holt er ihn aus dem Boot. Jetzt hat er für ihn das Feuer entzündet.

Oder Thomas. Der Zwilling. Zwillinge sind immer etwas Besonderes. Besonders emotional. Vielleicht auch besonders engagiert. Besonders kritisch. Besonders mutlos.

Ich muss ihn fassen und fühlen, sonst kann ich es nicht glauben. Das hat ihm Jesus ermöglicht, und er hat es gar nicht mehr gebraucht. Die Knie werden ihm schwach – und Thomas kann nur noch sagen: mein Herr und mein Gott!

Und jetzt fühlt er noch einmal, was Jesus kann. Und dass er auferstanden ist. Und dass Glaube alles ist. Glaube, dass Jesus kann.

Oder Johannes. Noch ein paar Tage vorher am Kreuz hat Jesus für ihn gesorgt: hier, das ist Dein Sohn, sagt er zu Maria, seiner Mutter, und sie weiß, wer ihr besonders nahe ist. Und er hat ihm eine Aufgabe der Liebe und Fürsorge gegeben: das ist Deine Mutter, und Johannes hat sie zu sich genommen. Und jetzt beim Fischen gehen ihm wieder die Augen auf: es ist der HERR. Der, der auferstanden ist. Der alles regeln kann. Der für uns sorgt. Unser HERR über Leben und Tod, in Leben und Sterben. Das reicht, um ganz beruhigt am Tisch Platz zu nehmen.

 

Und wer hat noch am Tisch Platz?

 

3. Sie und ich: Wir

 

Sicher. Das ist die Einladung, hier bei Brot und Fisch mit dabei zu sein. Damals hat Jesus 5000 Mann, dazu Frauen und Kinder mit Brot und Fisch versorgt. Das kann er jetzt auch noch. Wir sind mit eingeladen, dem Auferstandenen zu begegnen.

Wie wir ihm begegnen können, das zeigt uns Petrus. Und macht es uns vor, was es bedeuten kann, jetzt und hier dem auferstandenen Jesus zu begegnen.

60 Meter ist das Boot noch vom Ufer weg – und Petrus kommt auf den Trichter: da ist Jesus! Jesus ist da, ruft ihm ein Prediger zu – ihm der Johannes; uns heute die Geschichte aus Johannes 21. Jesus ist da. Es ist der HERR. Er steht am Morgen unseres Lebens nach langer Nacht am Ufer.

Und jetzt hält Petrus nichts mehr. Läppische 60 Meter, und da geht es in den See Genezaret weit seicht rein. Aber dennoch, Gewand aus und reingeschmissen ins Wasser und nur hin zu Jesus.

Es kann nicht schnell genug gehen. Und es kann nicht nahe genug sein.

Und wenn das wahr ist, dass wir auch dem auferstandenen Jesus in seiner Gegenwart begegnen können, jetzt. Dann kann es doch auch nicht schnell genug gehen und nicht nahe genug sein. Dann brauchen wir ihn doch jetzt und unbedingt und endgültig und ohne Ende für unsere Nächte und unseren Verrat, für unsere Zweifel und unseren Kleinglauben, für unsere Lebensaufgaben und die Gewissheit, geliebt zu werden mit großer Fürsorge.

Gehen wir also, rennen wir, werfen wir uns da hin zu Jesus. Schnell, und unendlich nahe.

Und dann ist längst alles gerichtet am Tisch.

„Da kommt Jesus und nimmt das Brot und gibt’s ihnen, desgleichen auch die Fische.“

Da kommt Jesus. Dass sich das für uns persönlich ereignet – und in unserer Gemeinde durch uns und mit uns ereignet, das wünsche ich.

Da kommt Jesus. Steht am Ufer, wenn wir von Rödeln und Umtreiben im Dauerschichtbetrieb zurückkommen. Da kommt Jesus. Korrigiert und ermutigt, wenn wir am liebsten die Flinte ins Korn und die Netze an den Strand werfen würden. Da kommt Jesus. Stärkt an Leib und Seele. Gibt Wort und Brot. Macht hoffnungsvoll und satt.

Jesus, lebe in mir. Du auferstandener Herr, Du mein Brot des Lebens. Amen.

 

 

Dekan Ralf Albrecht, Nagold